Ein Blick auf den Schwarzmarkt des Online-Glücksspiels in Deutschland.

Trotz neu eingeführter Vorschriften floriert Glücksspiel auf dem Schwarzmarkt in Deutschland. Wir haben Experten aus der Branche gefragt, warum das so ist, und was getan werden kann, um den besorgniserregenden Trend zum illegalen Glücksspiel einzudämmen. 

Der Rückgang der Steuereinnahmen von 55 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro pro Monat ist laut Nico Jansen, Geschäftsführer der Bet IT Best GmbH, der bei unserem Webinar zum Thema Schwarzmarkt-Glücksspiel in Deutschland sprach, auf ein ungünstiges regulatorisches Umfeld in Deutschland zurückzuführen. 

Seit der Einführung des Glücksspielstaatsvertrages 2021 wandern deutsche Spieler entweder zu Offshore-Anbietern oder zu unregulierten Schwarzmarktanbietern ab. Warum ist das so und was kann man dagegen tun? 

Im IDnow-Webinar „Deutschlands Problem mit dem Schwarzmarkt“ haben wir Experten aus der Branche befragt, darunter Ted Menmuir, Content Director bei der Sports Betting Community, Jochen Biewer, Managing Director bei Chevron Consultants, Bernd Henning von IGamingConsult.com, Laszlo Pados, Brand Manager bei der Greentube GmbH, Nico Jansen, CEO bei der Bet IT Best GmbH, und Roger Redfearn-Tyrzyk, Vice President of Global Gaming. Gemeinsam mit ihnen haben wir das Thema erkundet, um herauszufinden, was Betreiber auf breiter Ebene wissen müssen. 

Der aktuelle Stand der Glücksspielregulierung in Deutschland. 

In der Vergangenheit hatte Deutschland einen ziemlich komplexen und fragmentierten Ansatz für die Gesetzgebung rund um Glücksspiel, wobei die einzelnen Bundesländer eine beträchtliche Autonomie behielten. Nachdem erkannt wurde, dass ein vollständiges Verbot des Online-Glücksspiels nicht erfolgreich war und stattdessen Offshore-Anbietern einen Aufschwung erlebten, trat 2021 ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft, um den Markt zu regulieren und deutschen Anbietern Lizenzen zu erteilen. 

Mit dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV ) wurde ein zentrales Lizenzierungssystem für Online-Sportwetten und Casinospiele eingeführt, um die Glücksspielregulierung in Deutschland zu vereinheitlichen und zu modernisieren. Auf dem Papier war es eine noble Idee.  

Die Einführung einer Glücksspiellizenz für Anbieter hat zwar den Markt geöffnet und es privaten Anbietern ermöglicht, das staatliche Monopol für bestimmte Formen des Glücksspiels zu durchbrechen. Gleichzeitig wurden jedoch eine Reihe von Beschränkungen und Maßnahmen zum Schutz der Spieler eingeführt, die – so wird argumentiert – die Spieler in großem Umfang auf den Schwarzmarkt getrieben haben. 

Dazu gehören: 

  • Einzahlungs- und Einsatzlimits 
  • Identitätsprüfung schon bei Registrierung 
  • Strenge Werberichtlinien 
  • Zentrale Datenbank zur Überwachung der Aktivitäten 

Lesen Sie dazu mehr in unserem Blog-Beitrag: „Online-Glücksspiel in Deutschland: Vorschriften, Beschränkungen und Auswirkungen“ 

Online-Casinos, die von der Glücksspielbehörde der Länder (GGL) lizenziert sind, müssen ein Einzahlungslimit von 1.000 Euro pro Spieler und Monat durchsetzen, welches für alle Betreiber zusammen gilt. Dieses Limit wird durch eine zentrale Datenbank überwacht. Um exzessives Spielen zu verhindern, gilt für Spieler eine Einsatzgrenze von 1 Euro bei Casinospielen und eine 5-Sekunden-Verzögerung bei Spielautomaten. Außerdem müssen die Betreiber auf jede Wette eine Umsatzsteuer von 5,3 % entrichten. 

Für Sportwettenanbieter gelten ähnliche Beschränkungen hinsichtlich der Einzahlungslimits. Die Steuern sind sogar noch höher: Auf Sportwetten wird eine Steuer von satten 8 % erhoben. Bestimmte Arten von Wetten, wie Live-Wetten und Fantasy Sport, sind verboten. 

Wie in unserem Webinar gezeigt, geht aus einem Bericht des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV) hervor, dass die Gesamteinsätze bei Sportwetten zwischen 2021 und 2022 von 9,4 Milliarden Euro auf 8,2 Milliarden Euro zurückgingen und die eingenommenen Steuern folglich von 470 Millionen Euro auf 433 Millionen Euro sanken, was einem Rückgang von 13 % entspricht. 

Welche Risiken birgt das Glücksspiel auf dem Schwarzmarkt? 

Aufgrund dieser Einschränkungen hat der DSWV womöglich einen Anstieg der illegalen Glücksspiele und Sportwetten um 65 % festgestellt und fordert daher ein verstärktes Vorgehen gegen den Schwarzmarkt. 

Glücksspielseiten, die ohne die erforderlichen Lizenzen der GGL arbeiten oder alternative Lizenzen von internationalen Behörden wie der Malta Gaming Authority MGA oder Curaçao verwenden, arbeiten unter Missachtung des von der Regierung festgelegten Rechtsrahmens und gelten daher als Schwarzmarkt. 

Verbraucher, die illegale oder unregulierte Online-Plattformen nutzen, tun dies auf eigenes Risiko. Verbraucherschutzstandards werden bei diesen Anbietern nicht unbedingt durchgesetzt, was das Risiko von Betrug, das Fehlen von fairen Spielen und verantwortungsvollem Glücksspiel für Spieler erhöht. Zudem können illegale Glücksspiele auch für Geldwäsche und andere illegale Aktivitäten genutzt werden. 

Ein Mangel an Verantwortlichkeit und Transparenz kann zu Schwierigkeiten bei der Verfolgung von Finanztransaktionen und der Untersuchung unerlaubter Aktivitäten beitragen. 

Was trägt zum Wachstum von illegalem Glücksspiel bei? 

Ein lebhafter Diskussionspunkt des Webinars war die Frage, was gesetzestreue deutsche Bürger auf den Schwarzmarkt treibt. Die Experten nannten gleich mehrere Gründe. 

  1. Bessere Unterhaltung: Die Spieler werden von Offshore-Glücksspielseiten angezogen, weil sie mehr Spiele, Wettoptionen und Bonusangebote anbieten. 
  1. Keine Grenzen: Es gibt kein vorgegebenes Einzahlungslimit, aber die Spieler werden vom Betreiber oft ermutigt, ein tägliches, wöchentliches oder monatliches Einzahlungslimit als Teil des verantwortungsvollen Glücksspiels festzulegen. Ebenso gibt es kein Einsatzlimit von 1 Euro. Die Spieler können die Höhe des Einsatzes je nach Vorlieben und finanziellen Möglichkeiten wählen. 
  1. Weitere Funktionen: Online-Casinos ohne deutsche Lizenz bieten Funktionen wie AutoPlay, bei denen sich die Walzen des Spielautomaten für eine bestimmte Anzahl drehen, ohne dass manuell geklickt werden muss. Außerdem gibt es bei virtuellen Spielautomaten keine 5-Sekunden-Verzögerung. 
  1. Höherer RTP: Aufgrund der hohen Steuersätze für deutsche Betreiber sind die RTPs (return-to-player) der Spiele viel niedriger, was zu geringeren Auszahlungen führt. Da sich Spieler oft für Spiele mit den höchsten RTPs entscheiden, werden sie unweigerlich auf den Schwarzmarkt gelockt. 
  1. Bessere Erfahrung: Keine Einzahlungs- und Einsatzlimits, keine vordefinierte Spieldauer, mehr Funktionen und mehr Spiele können zu einem insgesamt besseren Benutzererlebnis führen. 

Es gibt zwar eine Vielzahl von Gründen, warum sich Verbraucher für die Glücksspielseiten des Schwarzmarktes entscheiden, aber ein langwieriges und teures Lizenzierungsverfahren bedeutet auch, dass es für viele Betreiber attraktiver sein kann, anderswo eine Lizenz zu erhalten. 

Obwohl es Vorteile hat, ein in Deutschland lizenzierter Glücksspielanbieter zu sein, nicht zuletzt, weil man nachweisen kann, dass man die Vorschriften einhält und Maßnahmen für faires und verantwortungsbewusstes Spielen umsetzt, ist es finanziell nicht unbedingt sinnvoll. Die Einnahmen sind aufgrund von Einzahlungsbeschränkungen begrenzt, die Steuern sind hoch und das Angebot ist begrenzt, da jedes Spiel von der GGL getestet und genehmigt werden muss (auch wenn ein anderer Anbieter genau dasselbe Spiel bereits anbietet). 

Herausforderungen, Schlupflöcher und regulatorischen Hürden des deutschen Marktes. 

Der deutsche Glücksspielstaatsvertrag hat sich seit seinem Inkrafttreten als weitgehend wirkungslos zur Eindämmung des Schwarzmarktes erwiesen. Versuche, Webseiten durch Geoblocking zu sperren, sind oft erfolglos. Ein aktuelles Beispiel aus der Türkei zeigt, dass eine nicht regulierte Website zwar gesperrt wurde, aber innerhalb weniger Minuten eine neue URL erhielt, die den Spielern per SMS zugestellt wurde. 

Das wichtigste Instrument, das den deutschen Behörden im Kampf gegen den Schwarzmarkt zur Verfügung steht, ist Druck auf Zahlungsanbieter auszuüben, damit diese keine Zahlungen für illegale Glücksspielanbieter abwickeln. Wenn jedoch eine Zahlungsmethode versagt, wechseln die Spieler einfach zu einer anderen. 

Ein weiterer wichtiger Faktor, der Spieler auf den Schwarzmarkt treibt, ist der KYC-Check. Gemäß den KYC-Anforderungen sind die deutschen Betreiber verpflichtet, die Spieler bei der Registrierung oder innerhalb von 72 Stunden zu verifizieren, um Betrüger abzuwehren und zu verhindern, dass Minderjährige Zugang zu Spielen erhalten. 

Gerade für datenschutzbewusste Deutsche kann diese Identitätsprüfung jedoch eine große Hürde darstellen. Viele sind nicht bereit, ihre persönlichen Daten preiszugeben, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zu nutzen, die sie noch nicht kennen.  

Viele Anbieter ohne deutsche Lizenz verlangen keine sofortige Identitätsprüfung und tun dies in der Regel erst, wenn Spieler (viel) Geld von der Website abheben. Bei Spielanbietern mit MGA-Lizenz sind dies in der Regel mehr als 2.000 Euro. 

Herausforderungen für die Regulierungsbehörden. 

Angesichts des stetigen Rückgangs der Steuereinnahmen aus legalen Glücksspielen müssen die Aufsichtsbehörden ein Umfeld schaffen, das Spieler und Betreiber gleichermaßen unterstützt und fördert. 

Der Deutsche Wettverband (DSWV) hat sich zu einer engeren Zusammenarbeit mit den Anbietern verpflichtet, um gegen illegale Anbieter vorzugehen. Branchenexperten halten dies jedoch nicht unbedingt für den richtigen Ansatz, da weitere Verbote die Spieler nicht davon abhalten werden, auf attraktivere Angebote auszuweichen. 

Verbote und Einschränkungen können die Konsumenten direkt auf den Schwarzmarkt treiben. Wie im Webinar erläutert, können hohe Eintrittsbarrieren für Betreiber, wie z.B. ein langwieriger Lizenzierungsprozess und hohe Steuern auf Wetteinsätze, eine erhebliche Markteintrittsbarriere darstellen. Gleichzeitig werden Spieler von regulierten Anbietern oft durch monatliche Einzahlungs- und Einsatzlimits sowie die Notwendigkeit, ihre Identität zu bestätigen, bevor sie überhaupt eine Wette platzieren können, abgeschreckt. 

Während des Webinars stimmte Bernd Henning von IGamingConsult.com zu, dass zwar Schritte unternommen werden müssen, um Spieler vom Schwarzmarkt abzuhalten, das Hauptproblem für die Betreiber jedoch darin besteht, wie sie innerhalb der Grenzen des Gesetzes operieren und dennoch Gewinne erzielen können. 

Ist LUGAS hilfreich oder hinderlich? 

LUGAS, das Länderübergreifende Glücksspielaufsichtssystem, dient in Deutschland dazu, die von den Anbietern gemeldeten Daten auszuwerten und die Einhaltung von Einzahlungslimits und anderen Vorschriften sicherzustellen. Alle Anbieter von Online-Glücksspielen sind verpflichtet, sich an LUGAS anzuschließen. 

Als betreiberübergreifende Datenbank verwaltet es Einzahlungslimits und regelt den Zugang zur Plattform der Regulierungsbehörde. Das System sorgt dafür, dass Spieler immer nur Zugang zu einer Plattform mit einem bestimmten Einzahlungslimit haben. Das System ist jedoch nicht unumstritten und selbst der DSWV äußert datenschutzrechtliche Bedenken. Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass die Betreiber selbst keine Möglichkeit haben, LUGAS zu überprüfen, was ernsthafte Bedenken hinsichtlich Transparenz und Rechenschaftspflicht aufwirft. 

LUGAS scheint zu dem wachsenden Trend beizutragen, dass Spieler auf den Schwarzmarkt ausweichen. In Dänemark beispielsweise führte die Einführung eines Einzahlungslimits zu einer erheblichen Abwanderung von Spielern in nicht regulierte Online-Casinos. Sobald diese Beschränkung jedoch aufgehoben wurde, kehrten die Spieler in den regulierten Markt zurück. Dies unterstreicht, wie wichtig es für die Behörden ist, die Entwicklungen in anderen regulierten Märkten zu beobachten und aus deren Erfahrungen mit unterschiedlichen Vorschriften zu lernen, um sich in der dynamischen Landschaft des Online-Glücksspiels zurechtzufinden. 

Wie die Zukunft für Regulierungsbehörden, Betreiber und Spieler aussieht. 

Die aktuelle Landschaft der Glücksspielregulierung in Deutschland ist ein erster, aber möglicherweise fehlgeleiteter Versuch, die Branche zu modernisieren und eine Balance zwischen Verbraucherschutz und offenem Markt zu finden. Ironischerweise scheint sie jedoch Spieler und Betreiber gleichermaßen zum Schwarzmarkt zu treiben, was auf eine Fehlentwicklung in Bezug auf das ursprüngliche Ziel des Spielerschutzes hindeutet. Eine umfassende Neuausrichtung des gesamten Regulierungsprozesses dürfte notwendig sein, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. 

Damit die Spieler im regulierten Bereich bleiben, ist die Zusammenarbeit mit etablierten internationalen Regulierungsbehörden wie der MGA unerlässlich. Die Kooperation zur Vereinfachung der Prozesse und zum besseren Verständnis des Marktes wird deutschen Regulierungsbehörden, Betreibern und Spielern gleichermaßen zugutekommen. So könnte beispielsweise die Abschaffung von Einzahlungs- und Einsatzlimits dazu beitragen, Spieler an sich zu binden, während die Einführung einer Whitelist für Casinospiele den Lizenzierungsprozess für Betreiber vereinfachen könnte. 

Die aktuellen Diskussionen innerhalb der deutschen Regulierungslandschaft unterstreichen, wie wichtig es ist, Strategien anzupassen, um auf sich verändernde Trends und Marktentwicklungen reagieren zu können. Ob dies durch die Einführung einer Reihe von Beratungen mit Interessengruppen geschieht, wie dies derzeit in Großbritannien der Fall ist, bleibt letztlich der Entscheidung der deutschen Behörden und der Politik überlassen.  

Fest steht jedoch, dass ein kooperativer und anpassungsfähiger Ansatz der Schlüssel zu einer florierenden und regulierten Glücksspielindustrie sein wird, die den Herausforderungen eines attraktiven Schwarzmarktes gewachsen ist. 

Von

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Roger Redfearn-Tyrzyk
VP Global Gaming bei IDnow
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